Die folgenden Folien erklären, dass ein islamrechtliches Urteil nicht nur auf den Texte des Quran und der Sunna aufbaut, sondern vielmehr diese auf den jeweiligen Fall beziehen muss.
Damit geht einher, dass der Islam keine realitätsfremde oder rückwärtsgewandte Religion ist. Die Beispiele sind aus der Sunna und den Diskursen der Rechtsgelehrten entnommen. Das breite Gelehrtenspektrum zeigt auf, dass dieses Prinzip – dass die Fatwa situationsbedingt ist – unter Fachleuten geteilt wird.
Der Islam ist eine universale Religion. Grundfest in den Säulen und Zielsetzungen sowie flexibel innerhalb relativer Fragen. Durch das Einbeziehen der Realität in die Religiosität, bzw. die Einbeziehung der Religion ins Leben erhält (sich) der Islam seine Relevanz für jedes Zeitalter, jede Kultur, Situation und jegliche Einzelfälle.
Lebenswelt und Religion harmonisierend, bleibt der gelebte Islam dynamisch und für den Muslim eine Quelle des Erfolgs im Diesseits wie auch im seelischen Sinne und auf das Jenseits bezogen.
Im Folgenden werden wir aus der islamrechtlichen Perspektive betrachten, dass Faktoren wie Individualität, Traditionen, Situationen und Zustände islamische Rechtsbestimmungen bestimmen, bzw. zu ändern vermögen. Diese Erörterung wird u.a. anhand der folgenden islamische Rechtsbestimmungen, Begebenheiten und Präzedenzfälle wenn man will, vorgenommen:
- Der Prophet (saw) gab verschiedenen Menschen verschiedene Antworten – auf dieselbe Frage.
- Das Recht der Frau Haushaltshilfe (n) im Rahmen der Versorgungsleistungen des Ehemannes zu empfangen.
- Betrunkene müssen nicht immer ermahnt werden, denn es ist besser, eine Sünde nicht zu rügen, damit nicht eine größere Sünde begangen wird, so dass [nur] der geringere Schaden entsteht und das kleinere von zwei Übeln begangen wird.
- Gefahr von oberflächlichem Halbwissen: Man kann Menschen in den Tod schicken. Ghusl ist nicht immer verpflichtend wenn Wasser bereitsteht.
- Situations-, nicht prinzipienbedingte Pluralität in der hanafitischen und schaafiitischen Rechtsschule.
- Die Absicht der Menschen ändert einen Rechtsspruch – teilweise auch in Sachen Scheidung.
- Der kulturelle Sprachgebrauch der Person ist entscheidend und kann sogar quranische Definitionen überwiegen.
- Warum der Prophet (saw) auf den Umbau der Kaaba verzichtete und warum Prophetengefährten (ra) es vorhatten.
- Warum Schwangerschaftszeiten nun nicht mehr Jahre betragen können und warum vor einigen Jahrhunderten es „richtig“ war, dass das Rauchen nur verpönt, nicht verboten war.
- Warum manchmal mögliches Gerede anderer die eigenen Handlungen beeinflussen können.
- Warum Anweisungen des Propheten (saw) teilweise kontextgebunden und somit flexibel waren (am Beispiel der nächtlichen Rückkehr von einer Reise, der Aufforderung, Grabstätten zu besuchen nachdem er (saw) dies ursprünglich verboten hatte sowie seines aufgehobenen Verbots, das Fleisch der Opfertiere durch Umwandlung in Trockenfleisch aufzubewahren.
- Warum die Antwort darauf, ob Allah dem einen Mörder verzeiht situativ verschieden ausfallen muss.
- Umar ibn Abdul Asies (r) akzeptierte einen Zeugen und einen Schwur in Medina, jedoch verlangte er im Irak zwei Zeugen.
- Umar (ra) schränkte das Erlaubte einschränkte ein und untersagte die Heirat des Muslims mit einer Schriftanhängerin.