Gelehrte verfechten, dass der Ehevertrag der Frau zugestehen darf, die Talaaq-Scheidung auszusprechen. Kritisch kommentiert dies jedoch beispielsweise Sheikh Naayif al-Hamad:
Jedoch merken wir an, dass der Mann der Frau dieses Recht nicht einräumen soll und die Frau auch nicht danach fragen soll, denn Frauen würden eher dazu neigen, in einem emotionalen Zustand den Talaaq auszusprechen, weswegen es nicht empfehlenswert für sie ist, die Möglichkeit zu haben, die Ehe verbal aufzulösen.1
Hier möchte ich anführen, dass diese Einschätzung nicht für alle Fälle zutreffend sein muss. Nur allzu oft habe ich persönlich Fälle betreut, in denen Ehemänner ihre Emotionen nicht unter Kontrolle haben und aus purer Wut und Ehrverletzung die Talaaq-Scheidung ausgesprochen haben! Um Familien zu erhalten, vertrete ich in dieser Frage nach Absprache mit Gelehrten auch eine Minderheitenauffassung: Über die dreifach ausgesprochene Scheidung zu einer Zeit sowie über die unter Wut ausgesprochene Talaq-Scheidung Für Sonderfälle kann es eine Hilfe sein, dass die Frau das Talaaq-Recht für sich beansprucht. Eine solche Situation kann beispielsweise sein, dass sich die Ehefrau vor der Situation schützen möchte, dass der Mann die islamrechtliche Scheidung nicht ausspricht, obwohl kein Eheleben mehr besteht – und – berechtigt oder nicht – keine standesamtliche Heirat vorgenommen wurde, so dass auch keine standesamtliche Scheidung möglich ist. Dass die standesamtliche Scheidung insbesondere für solche Situationen auch als religiöse Scheidung zu werten ist, wurde bereits in diesem Artikel begründet:
Über die standesamtliche Scheidung
Ebenfalls ist es für die Frau möglich, kein direktes Talaaq-Recht für sich zu beanspruchen, sondern im Ehevertrag die folgende Vereinbarung zu treffen:
Wir halten fest, dass bis zum Einsetzen eines Gelehrtengremiums für Familienangelegenheiten die Braut in Absprache mit einem Imam/ muslimischem Seelsorger die Ehe auflösen, (Al- Mukhala`a) durchführen kann, wenn bereits Versöhnungsversuche erschöpft sind und der Ehemann sich weigern sollte, die Scheidung herbei zu wirken.“
Durch diese Einigung hat man gewissermaßen das obig aufgeführte Argument berücksichtigt, welches vor der temperamentvollen, voreiligen weiblichen Emotionalität warnt – ein Smiley darf an dieser Stelle eingefügt werden 🙂 . Weiterhin wichtig, falls vom vertraglich festgelegten Recht Gebrauch gemacht wird:
Nachdem sie den Talaaq ausgesprochen hat und ihre Wartezeit abläuft, kann sie ihren Exmann über einen neuen Vertrag ehelichen. Die von der Frau zuvor ausgesprochene Scheidung gilt dann in diesem Fall als ein einmaliger Talaaq-Ausspruch seitens des Mannes; es verbleibt ihm in diesem neuen Ehevertrag aufgrund dessen also ein Scheidungsausspruch weniger.“
Hier finden Sie weitere Artikel zum Thema Scheidung.
- Vgl. Sheikh Naayif al-Hamad, aktiver Richter in Rimaah, Saudi Arabien; In: http://en.islamtoday.net/node/1280 [↩]