Häufig bekomme ich die Frage nach der dreifach ausgesprochenen Scheidung zu einer Zeit gestellt und begegne folgender Herausforderung: Die Mehrheit der Gelehrten – tatsächlich alle vier der bekannten Rechtsschulen – vertreten die Auffassung, dass die erwähnte Talaq- Scheidung gültig ist. Die Frau müsste also erst einen anderen Mann ehelichen und von diesem geschieden werden, bevor sie zum ersten Mann zurückkehren könnte, wie es im Quran bestimmt wurde:
Die (widerrufliche) Scheidung ist zweimal (erlaubt). Dann (sollen die Frauen) in rechtlicher Weise behalten oder in ordentlicher Weise freigegeben (werden). (…) Wenn er sich (ein drittes, unwiderrufliches Mal) von ihr scheidet, dann ist sie ihm nicht mehr (als Gattin) erlaubt, bevor sie nicht einen anderen Mann geheiratet hat. Wenn dieser sich von ihr scheidet, so ist es keine Sünde für die beiden, zu einander zurückzukehren, wenn sie (dabei) glauben, Allahs Grenzen einhalten zu können. Dies sind Allahs Grenzen, die Er Leuten klar macht, die Bescheid wissen.2:229-230
Dieser Vorgang darf aber nicht beabsichtigtet sein, denn dies ist eine Sünde gemäß den Worten des Propheten (saw):
لَعَنَ اللَّهُ الْمُحَلِّلَ وَالْمُحَلَّلَ لَهُ
Allah hat den Muhallil verflucht [derjenige, der die Frau heiratet, um sie ihrem vorherigen Ehemann wieder nach einer Scheidung statthaft durch erneute Eheschließung zu machen] sowie der vorherige Ehemann [der davon weiß].Abu Dawud (r), sahih
Oftmals spielt in solchen Fällen, in welchen der Mann die dreifache Talaq-Scheidung ausspricht, unkontrollierte Emotionen des Mannes die Hauptrolle – und er bereut nachdem er wieder zur Ruhe findet.
Wer hat vertreten, dass die dreifach ausgesprochene Scheidung zu einer Zeit nur als ein Talaq gewertet wird und mit welcher Herleitung?1)
Sowohl Ibn Taymiyah (r) als auch sein Schüler Ibn Al- Qayyim (r) sind der Auffassung, dass eine dreifach ausgesprochene Scheidung zu einer Zeit als einfache Scheidung gewertet wird. Ibn Al- Qayyim (r) hat dazu eine 45- seitige Abhandlung geschrieben, in welcher er zu diesem Ergebnis kommt. Unter anderem wird als Beleg aufgeführt, dass sowohl zur Zeit des Propheten (saw), in der Regierungszeit Abu Bakrs (ra) sowie auch in den ersten zwei Jahren der Regierungszeit Umars(ra), ein zu einer Gelegenheit ausgesprochener dreifacher Talaq-Scheidungsausspruch als eine einfach ausgesprochene Scheidung gewertet wurde. Umar (ra) sagte daraufhin, dass die Leute sich in einer Angelegenheit überhasten, in welcher ihnen Zeit gewährt wurde, dem also Einhalt geboten werden soll. Deswegen betrachtete er einen dreifachen Talaq-Scheidungsausspruch als eben solchen. Das Urteil Umars (ra) wurde von den vier Rechtsschulen angenommen. (Siehe Al-Mabsuut (6/57), Al-Muhadhab (2/107) und Al-Mughny (8/243) Die einfache Wertung anstelle der dreifachen ist gemäß Ibn al-Munzir auch die Auffassung von Ataa‘ (r), Taawus (r), Ibn Dinar (r). Nach Ibn Mughith (r) vertreten diese Meinung ebenfalls Ali ibn Abi Talib (ra), Ibn Masuud (ra), Abdur-Rahman ibn Auf (ra) und Az- Zubayr (ra) von den Prophetengefährten.2) Es herrschen zwei Auffassungen zu diesem Thema. Im Anbetracht der erwähnten Belege halten wir es für die stärkste Auffassung, dass ein zu einer Gelegenheit ausgesprochener dreifacher Scheidungsausspruch als eine einfach ausgesprochene Talaq-Scheidung zu werten ist. Die unter Wut ausgesprochene Talaq-Scheidung3) Die Wut wird in drei Graden eingeteilt:
- Wenn die Person aufgrund der Wut nicht weiß, was sie sagt, während sie die Scheidung ausspricht, so ist der Scheidungsausspruch ungültig.
- Wenn die Person aufgrund der Wut immer noch weiß, was sie sagt und auch die eigene Absicht dadurch nicht beeinflusst wird, während sie die Scheidung ausspricht, so ist der Scheidungsausspruch gültig.
- Dazwischen liegt nun ein bestimmter Grad an Wut. Dieser liegt vor, wenn die Person durch diese Wut teilweise „den Kopf verliert“ und die Person von der eigenen eigentlichen Absicht wegbewegt wird. Nachdem die Person sich wieder beruhigt, bereut sie sofort was sie gesagt oder getan hat.
Imam Ibn Al-Qayyim (r) sagte, dass dieser Grad an Wut unter den Gelehrten verschieden bewertet wird und er meint, dass starke Belege dafür sprechen, dass eine ausgesprochene Scheidung unter diesen Umständen nicht gültig ist. Imam Ibn Taymiyah (r) verfechtet ebenfalls diese Auffassung. Unter anderem fußt diese Meinung auf den folgenden Worten des Propheten (saw):
Die Scheidung kann nicht angewandt werden, wenn die jeweilige Person sehr wütend ist.
Falls jedoch ein Richter eine solche Scheidung bereits bestätigte, so wird die Scheidung als gültig angesehen. Auch für den Fall, dass die Frau die Gültigkeit der Scheidung erreichen möchte, so kann sie dies vor Gericht einklagen. Im Falle, dass der Richter dem stattgibt, so ist der Scheidungsausspruch gültig.
Fazit für Familien, welche den Erhalt der Ehe wünschen:
Wenn nun Mann Wut verspürte, welche seine eigentliche Absicht änderte und er, nachdem er sich wieder beruhigt hat, sofort bereut, eine oder zwei oder drei Talaq-Scheidungen ausgesprochen zu haben, so ist keine davon gültig. Wenn nun Mann keine absichtsändernde Wut verspürte während er zwei oder drei Talaq-Scheidungen ausgesprochen hat, so wird dies nur als eine Talaq-Scheidungen gewertet.
Allah weiß es am besten!
- Sheikh Muhammad Al- Khudayry; in: http://en.islamtoday.net/node/1098 (zuletzt abgerufen am 21.06.2014 [↩]
- Sheikh Sayyed Sabiq: Fiqh As-Sunnah. In: http://www.islamawareness.net/Talaq/talaq_fatwa0004.html (zuletzt abgerufen am 21.06.2014 [↩]
- Quelle: Sheikh Naayif al-Hamad, aktiver Richter in Rimaah, Saudi Arabien; In: http://en.islamtoday.net/node/863 (zuletzt abgerufen am 21.06.2014 [↩]